Lange Arbeitszeiten und Leben in einer Großfamilie - Puerto Varas


Gerade bin ich wieder in einem Hostel und genieße das auch wirklich, denn die letzten drei Wochen habe ich in einer Großfamilie mit fünf Kindern in der Nähe von Puerto Varas gewohnt und gearbeitet und das war ganz schön anstrengend.

Meine Arbeit auf der zwei Kilometer entfernten Farm der Familie hat mir nicht so gut gefallen. Die Eltern halten die Farm neben ihren normalen Jobs und sind dementsprechend nicht die ganze Zeit dort. Der Vater, der für mich zuständig war, hat mich zur Farm gebracht, mir eine Aufgabe gegeben und ist wieder gefahren.

Ich habe eigentlich die ganze Zeit nur Unkraut gejähtet. In einem überhitzten Gewächshaus. Eine Salatreihe nach der anderen. Ewigkeiten lang. Ich habe immer gearbeitet, bis der Familienvater dachte, er könnte mir mal Bescheid sagen, dass ich aufhören kann. Ich habe um neun Uhr morgens angefangen, hatte Mittags kurz Pause und hab dann manchmal bis sechs Uhr, manchmal bis sieben gearbeitet und manchmal bin ich auch erst nach acht Uhr nach Hause gekommen.


Am Wochenende wurden dann die Produkte der Farm auf verschiedenen Ferias (eine Art Markt) verkauft, wo ich öfter mitgeholfen habe. Das war schon auch mal ganz interessant, aber wenn man den ganzen Samstag (den man eigentlich frei hätte) an einem kleinen Gemüsestand sitzt, wird das auch schnell langweilig. Und noch schlimmer fand ich, dass ich dort auch immer wieder, zum Teil sogar mehrere Stunden, alleine gelassen wurde, da der Vater noch andere Dinge zu erledigen hatte. Ich stand dann also alleine an seinem Stand und wusste so gut wie nichts über die Produkte, die ich verkaufe. Zum Teil hat das ganz gut geklappt, aber manchmal habe ich nicht genau verstanden, was die Käufer von mir wollen (Chilenen sprechen sehr schnell und undeutlich) oder mir wurden Fragen gestellt, die ich einfach nicht beantworten konnte (Wie heißt denn die Salatsorte? Woher sind die Samen für das Gemüse?...). Und an einem Stand zu stehen und den Kunden nicht weiterhelfen zu können, fühlt sich echt unangenehm an.

Der Stand auf der Feria
Ich war einfach wütend auf den Vater. Wegen der langen Arbeitszeiten. Dafür, dass er mich immer sehr kurzfristig über anstehende Pläne informiert hat. Dafür, dass er mich an der  Feria unwissend alleine an dem Stand stehen lassen hat…

Ein weiterer Punkt, der mir an meinem Aufenthalt nicht so gut gefallen hat, war das Chaos. Im Haus war es immer laut, die Geschwister haben sich gegenseitig angeschrien und es herrschte allgemeines Durcheinander. Ich hatte kein eigenes Zimmer und konnte somit von Ruhe und Privatsphäre nur träumen.

Aber jetzt habe ich genug von den negativen Dingen gesprochen. Es gab auch einige positive Aspekte. Abgesehen von dem Vater mochte ich die Familie wirklich gerne und es waren immer alle nett zu mir. In meiner freien Zeit, also abends nach der Arbeit und an den Sonntagen, habe ich viel Zeit mit ihnen verbracht. Ich habe mit dem Kleinen gespielt, war mit den anderen im Pool (ja, es wird hier langsam Sommer), habe mir mit ihnen Filme angeschaut und Ausflüge gemacht. Die Familie hat für mich sogar eine vorträgliche Geburtstagsfeier mit Torte un einem kleinen Geschenk organisiert, da ich einen Tag vor meinem Geburtstag wieder gefahren bin, was wirklich eine schöne Überraschung war. Ich hatte also auch wirklich schöne Momente.

Puerto Varas ist eine deutsche Kolonialstadt in Patagonien und liegt an dem riesigen See Llanquihue. Von der Stadt aus kann man die beiden Vulkane Osorno und Calbuco sehen. Nach einer Feria im Stadtzentrum hatte ich ein bisschen Zeit, um mir Puerto Varas mal anzuschauen.



An einem Tag bin ich mit einer der Töchter und dem Freund einer anderen Tochter zu den Saltos de Petrohue (den Wasserfällen des Flusses Petrohue) und zum Lago Todos los Santos gefahren. Beides liegt im Nationalpark Vicente Pérez Rosales, welcher mir echt gut gefallen hat. Besonders spannend fand ich den Park auch, da meine Eltern vor über 20 Jahren schon einmal dort waren und ich immer wieder Orte entdeckt habe, die ich schon aus dem Fotoalbum meiner Eltern kannte. Der Ausflug hat sich also wirklich gelohnt und ich war froh, auch einmal ein bisschen was von der Gegend zu erkunden.




Obwohl ich zum ersten mal schlechte Erfahrungen bezüglich des Vaters und seinen Vorstellungen für meine Arbeit gemacht habe, habe ich mich mit dem Rest der Familie richtig gut verstanden und hatte dann doch einige echt schöne Momente in Puerto Varas. Trotzdem bin ich jetzt froh, einige Tage im Hostel zu verbringen und mal wieder ein bisschen meine Ruhe zu haben.

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